Nach unserem, in jeder Hinsicht, herausfordernden Tag mit nahtodähnlichen Erfahrungen während unseres Hikes zum Paradise Beach und anschließender Durchquerung des Spinnenwaldes, sollte der folgende zunächst recht beschaulich verlaufen.
Nach einem Pancake-Frühstück bei La, einem sehr netten und lustigen Restaurantbesitzer, machte sich Basti auf den Weg nach Haad Rin, um unsere Rückreise nach Bangkok zu organisieren, da wir von dort aus am 26.02.17 einen Flug nach Siem Reap, Kambodscha gebucht hatten.
Ich legte mich zuerst etwas an den Strand, kümmerte mich dann um Steuerangelegenheiten (an einem Ort wie dem The Sanctuary ging mir dies sogar etwas leichter von der Hand als sonst zu Hause) und zog mich dann auf eine kleine, gemütliche Plattform mit Sofas und Sesseln im Inneren des Hauptgebäudes zurück, um meinen Blog zu schreiben. Seit Tagen waren wir schon um die Kuchentheke im The Sanctuary herumgeschlichen und hatten die Köstlichkeiten in der Auslage mit prüfenden und verlangensgeschwängerten Blicken beäugt. Da hier die meisten dem Verzehr von Nichts frönten, wunderten wir uns, dass das Angebot jeden Tag wechselte und fragten uns, ob die Belegschaft abends wohl alles aufessen müsse, was tagsüber nicht über den Tresen gegangen war. Dies war eine sehr weit hergeholte Mutmaßung, da sie rein äußerlich nicht den Eindruck vermittelten, als ob sie jeden Abend zum Kuchen-Resteessen genötigt würden.
Jedenfalls wollte ich an diesem Tag wissen, ob die Kuchen und Torten genau so lecker waren, wie sie es optisch versprachen und gab meinem tropfenden, süßen Zahn nach. Meine Wahl fiel auf eine Tiramisu-Torte. Ich bestellte mir noch einen Kaffee dazu, nahm diesen direkt mit und kletterte wieder auf mein gemütliches Kuschel-Plateau zurück und harrte der Bedienung, die mir die Torte kredenzen sollte. Die ließ sich Zeit… so lange, dass ich fast schon nachfragen wollte, ob man mich vergessen hätte. Ich wollte den langsam aber sicher erkaltenden Kaffee nicht ohne die Torte genießen und die Torte wiederum nicht ohne „ein Schälchen Heeßen“ (AdR: sächsischer Begriff für eine Tasse Bohnenkaffee ;o) essen.
Endlich kam der Kaffee und ich konnte loslegen. Und verdammte Axt… die Torte schmeckte zum Niederknien! Eine ausgezeichnete Investition ;o) Ich überlegte kurz, ob ich mir noch ein Stück bestellen sollte, um mich damit in’s Restaurant zu setzen und den darbenden Schönen und Schlanken gezielt ein bisschen was „vorzuessen“; entschied mich aber aus budgetären Gründen dagegen und schrieb weiter.
Gegen frühen Abend traf Basti, mit erfolgreichem Reise-Arrangement im Gepäck, wieder im The Sancturay ein und wir aßen gemeinsam. Von einer Dorm-Bewohnerin hatten wir gehört, dass abends wieder eine Party im Eden Garten steigen sollte. Da wir erst am übernächsten Tag abreisen würden, konnten wir uns durchaus den Gefahren eines weiteren drohenden „Changovers“ stellen und entschieden uns, den Festivitäten rund um elektronische Tanzmusik erneut beizuwohnen.
Da unsere Dorm-Kollegin eine recht aktive Feier-Maus zu sein schien, begannen wir, ihr ein wenig auf den Zahn zu fühlen, woran sich die beglückt wirkenden Feiernden denn sonst noch labten, da sie – wie wir ja bei unserer ersten Party schon festgestellt hatten – teilweise recht wenig Alkohol zu sich nahmen.
Sie ließ uns wissen, dass sie selbst keine Drogen konsumiere und keinen Alkohol tränke. Sie nannte uns aber einige „synthetische und naturbelassene“ Gründe für die partiellen Glückseligkeitszustände einiger Gäste. Für uns jeweils völlig uninteressant. Als sie allerdings „Magic Mushrooms“ erwähnte, wurden wir neugierig. Der Konsum, Besitz und speziell der Handel von und mit Marihuana und allen anderen synthetischen Drogen ist in Thailand streng verboten und wir teilweise drakonisch geahndet. Magic Mushrooms – also psychoaktive Pilze – sind hingegen legal und man kann Mushroom Shakes an fast jeder Straßenecke, in Bars, Clubs und teilweise sogar in Hostels bekommen.
Auf der Party, die recht gediegen und mit wenigen Gästen sehr entspannt gestartet war, überlegten wir einige Zeit hin und her, ob wir uns diesen Pilz-Spezial-Shake genehmigen sollten.
Ich hatte bis dahin keinerlei Erfahrungen mit Magic Mushrooms – schlichtweg aus Angst, dass aus einem guten, ganz schnell ein schlechter Trip werden könnte, den man selbst nicht steuern kann. Und dann hockt man womöglich sabbernd und mit viereckigen Augen da und kann nur abwarten, bis die pilz-induzierte Klapsmühle vorbei ist, oder man komplett Irre wird. Dies war natürlich in keinster Weise erstrebenswert.
Wir legten also einen kleinen Emergency-Plan fest. Zuerst einmal: wir teilen uns das Gesöff! Zweitens: Wir lassen es langsam angehen und schütten den Shake nicht sofort komplett in uns hinein. Wir trinken nur noch Wasser. Drittens: Wenn es einem von uns beiden schlecht geht, wird er vom jeweils anderen ohne viel Aufhebens von der Party entfernt und mit Geleitschutz in den Dorm bugsiert.
Mit Erhebung dieses Planes war unsere Entscheidung gefallen – heute Abend sollte es für uns „Spezial-Pilzsuppe“ geben. An der Bar versuchten wir dann, das Getränk – was, wie bei anderen Mushroom-Bars, auf der Karte nicht zu finden war – zu bestellen und wurden kopfschüttelnd abgewiesen. Wir schauten uns irritiert an und wussten nicht so recht, was nun zu tun war.
Wenige Augenblicke später kam eine andere Bedienung auf uns zu und fragte uns, ob wir einen Shake möchten. Vermutlich war er der Pilz-Misch-Meister des Ladens und musste erst herbeigerufen werden. Er schleppte uns mit an eine Bar im Außenbereich, die noch nicht von anderen Gästen frequentiert war und nahm – mit dem Rücken zu uns gewandt – sein Werk auf.
Er begann damit, eine Mango zu schälen, die wohl für den Fruchtanteil im Shake sorgen sollte. Als er sie kleingeschnitten und zusammen mit Eiswürfeln in den Mixer geworfen hatte, holte er eine große Tupperdose unter dem Tresen hervor und schaufelte daraus eine grau-braune, undefinierbare Masse in den Mixer und schaltete auf „ON“. Unter größerem Getöse mixte das Gerät alle Zutaten zu einer, zugegebenermaßen, unansehnlichen Masse zusammen, die uns in einem Plastikbecher mit Strohhalm kredenzt wurde.
Wir standen vor dem braunen, dickflüssigen Gesöff und ich bekam etwas weiche Knie. Aber die Entscheidung war gefallen und die Neugierde für einen Abbruch zu groß. Der erste Schluck schmeckte genauso, wie der Drink aussah: widerlich, muffig, braun eben. Durch die Mango und das Eis wurde der Genuss erträglich, aber auch das machte den Drink nicht zu einem kulinarischen Highlight…
Nach etwa 20 Minuten hatten wir gut die Hälfte des Shakes zu uns genommen. Bisher gab es keine Anzeichen drohenden Wahnsinns. Vielleicht konzentrierten wir uns noch zu sehr auf den ekelhaften Geschmack des Shakes, als das sich eine Wirkung entsprechen entfalten konnte.
Nach 30 Minuten hatten wir das Getränk komplett intus, tanzten und warteten. Plötzlich schaute mich Basti irritiert und fragend an und meinte, dass ich gestreift wäre und wo das denn her käme? Die Lightshow im Eden Garden zuckte inzwischen wilder als noch zu Beginn der Party und dementsprechend waren auf dem Dancefloor durchaus immer wieder farbige Streifen auszumachen. Ich versuchte, ihm dies entsprechend zu vermitteln, aber er schien skeptisch und beäugte mich ungläubig und amüsiert. Sicherlich waren dies die ersten Anzeichen einer Wirkung des Shakes. Bei mir tat weiterhin erst einmal nichts.
Doch dies sollte sich bald ändern. Eine weitere halbe Stunde verging und wir hielten uns, wie verabredet, an unser Getränk des Abends: Wasser.
Plötzlich stand es auf der Tanzfläche: ein leighaftiges Einhorn! Neben ihm wuselten noch zwei Kätzchen herum und wiegten sich im Takt der Musik. Das Einhorn glitzerte von Kopf bis Fuß, war mit Organzabändern und blinkendem Schmuck so reichlich behangen, dass es den Anschein machte, als hätte es Ali Babas Schatzkammer geplündert und schwebte mit großen, ausladenden Bewegungen über die Tanzfläche.
Diese Erscheinung war nach wie vor keine Auswirkung des Pilz-Misch-Getränks. Es war ein Typ, der sich tatsächlich als schillerndes Einhorn verkleidete hatte und mit seinen Tanz-Miezen (samt Fell-Öhrchen und Fell-Schwänzen) auf der Party eingeschwebt war. „Glamourös schräg“ beschreibt den Anblick wohl am Besten.
Diese optische Stimulanz wiederum sorgte bei uns für eine Art „Durchbruch“.
Wir hielten uns die Bäuche vor Lachen und konnten kaum nach Luft schnappen. Plötzlich war alles und jeder um uns herum Grund für grenzenloses Amüsement.
Die neonfarbenen Malereien an der Bar begannen, ein Eigenleben zu entwickeln, die zuckenden Blitze der Lichtanlage verwandelten sich in Schmetterlinge und tänzelten über den Partygästen herum. Wir schauten gebannt und mit breitestem Grinsen (manchmal erschien es mir, als würden sich meine Mundwinkel am Hinterkopf berühren…) umher und sobald wir uns wieder ansahen brachen wir von Neuem in schallendes und tränentreibendes Gelächter aus.
Nach etwa einer Stunde wurde uns das zunehmende Gewimmel auf der Tanzfläche zu groß und unsere anhaltenden Lachflashs etwas unheimlich und wir verkrümelten uns auf die außenliegende Freifläche – mit Blick auf das tosende Meer, was sich an riesigen, im Wasser liegenden Steinen brach.
Basti begann in den Himmel zu starren und berichtete mir sogleich von seinen Entdeckungen: Wolken, die sich als Sterne verkleidet hatte und miteinander tanzten. Ich klärte Ihn darüber auf, dass das, was er da sah keine Wolken waren, sondern das fliegende Spaghettimonster, was mit seinen Tentakeln den gesamten Himmel überzog. Er wollte sich davon nicht überzeugen lassen, also wandte ich meinen Blick auf die Steine im Meer… die waren allerdings nicht mehr da.
Dafür lag dort aber eine Familien an riesigen Flusspferden, die sich schnaubend von der Brandung umspülen ließen. Gleich daneben entdeckte ich noch einen monströsen Tintenfisch, der versuchte, einen angespülten Blauwal zurück in`s Wasser zu bugsieren, da sich dieser etwas unglücklich auf dem Strand festgefahren hatte.
Basti erkannte inzwischen an den Umrissen der Berglandschaft oberhalb der gegenüberliegenden Bucht, dass dort ein Krokodil liegen müsste. Nur die Lichter unter dem Krokodil konnte er sich nicht erklären. Ich mutmaßte, dass das Krokodil das dortige Dorf verschluckt haben müsste und jetzt saßen die Bewohner im Inneren des Krokodils und warteten geduldig auf Verdauung.
Basti warf einen neuen Denkansatz in die Runde, indem er den Film „The Wolf of Wallstreet“ erwähnte und die Szene, in der der Hauptprotagonist so derart mit Drogen vollgepumpt ist, dass er seinen schicken Sportflitzer nach einer kurzen Fahrt für sicher geparkt vor seinem Anwesen erachtet. Wer den Film kennt, weiß, dass dem nicht so ist. Dies wiederum veranlasst uns nun den ganzen weiteren Abend immer mal wieder unvermittelt „Wir sind das Auto“ zu kreischen und uns immer wieder auf‘s Neue darüber kaputt zu lachen.
Was, wenn es uns am nächsten Tag genau so erging, wie dem Hauptdarsteller des Films? Vielleicht wachten wir irgendwo im Nirgendwo auf, verbeult, orientierungslos, verwirrt und nur das Horn des Einhorns zu unserer Verteidigung in der Tasche? Wieder lachten wir uns krumm.
Das Spielchen ging noch eine ganze Weile so weiter, bis sich etwas Entspannung für unsere Lach- und Bauchmuskeln einstellte und wir uns unter mehr oder weniger dezenten „Wir sind das Auto“-Rufen auf den Rückweg zu unserem Dorm machten. Dort stellten wir fest, dass es bereits 4:30 Uhr war und legten uns, immer noch kichern und giggelnd, schlafen.
Am nächsten Morgen erwachten wir gegen 10:00 Uhr frisch wie der Morgentau. Dank eingehaltener Alkoholabstinenz ging es uns prächtig und es war kein Hangover weit und breit in Sicht. Wir hatten also Glück und einen wirklich phantastischen und unglauglich lustigen Abend gehabt. An diesem Tag machten wir noch eine kleine Wanderung zum benachbarten Haad Yuan und packten am Abend unsere Rucksäcke, um am nächsten Morgen, nach fast einer Woche, dem The Sacntuary den Rücken zu kehren.
Wenn mich jetzt jemand fragen würde, ob ich es noch einmal machen würde, würde ich diese Frage allerdings mit einem klaren „Nein“ beantworten.
Warum? Nach unserer Abreise aus dem The Sanctuary, zwei ruhige und sehr entspannte Tage später, machten wir erneut im Shenanigans in Haad Rien Station, bevor es zurück nach Bangkok und weiter nach Kambodscha gehen sollte. Dort traf ich einen Kanadier, dem ich von unserem kleinen Pilzerlebnis berichtete. Er hatte damit auch bereits in Thailand seine Erfahrungen gesammelt und meinte, dass 5 von 6 Trips phantastisch gewesen seien. Was also war ihm bei seiner 6ten Experience widerfahren? Er erzählte mir, dass es erst einmal sehr gut gelaufen sei und er bis zu einem gewissen Punkt keinerlei Unterschied zu den anderen Malen des Konsums hätte feststellen können. Aber ab einem gewissen Punkt wurde er von jetzt auf gleich blind. Zwar „nur“ für 10 – 15 Minuten, aber dies war für Ihn so eine einschneidende und erschreckende Erfahrung, dass er von weiteren Experimenten dieser Art künftig absehen würde.
Für mich als Brillenträger ist es schon furchtbar genug, wenn ich morgens nach dem Aufstehen meine Brille nicht finden kann, also werde ich mich einem Risiko einer drohenden temporären Erblindung sicherlich nicht aussetzen. So vernünftig bin ich auf meine alten Tage dann doch und gehe künftig lieber in den Wald, um mir Pilze zu suchen, die man ohne jedwede Nebenwirkung genießen kann.
Die schmecken dann in jedem Fall auch viel besser!
PS: Ob diese Geschichte wirklich so passiert ist und ob es sich bei den bepilzten Schlüsselfiguren tatsächlich um Basti und mich handelte, tja… das überlassen wir einfach eurer Phantasie ;o)